Auf den Spuren eines Reformationsfürsten
„1500 und 8 jar, am donerstage auf sant Clemens tag, tzwisschen eynen und tzweyen Nachmittage, ist mein sus Franciscus geborn.“
Diesen Eintrag machte Herzog Heinrich in seinem Turnierbuch und dokumentierte damit die Geburt von Franz, seinem jüngsten von sieben Kindern, die ihm seine Frau Herzogin Margarethe von Sachsen schenkte. Franz hatte noch vier Schwestern und zwei Brüder (Otto und Ernst, die Erbauer von Schloss Gifhorn). Sein Geburtstag, 23. November, sollte 41 Jahre später auch sein Todestag werden.

Foto: Südheide Gifhorn GmbH
Franz wird Herzog in Gifhorn
Franz (1508 – 1549) war erst zwölf Jahre alt, als sein älterer Bruder, Herzog Ernst (1497 – 1546), im Jahre 1520 die Regierung in Celle des Fürstentums Lüneburg antrat.
Bevor Herzog Franz 1539 nach Gifhorn kam, führte er ein unstetes Leben. Als regierender Fürst in Gifhorn allerdings stand Verantwortungsbewusstsein im Vordergrund seines Handels. Es sind seine Worte an die Gifhorner Bürger:
„… das ihr diese unsere Reformation und Ordnung stete unverrückt haltet, des stracks und unweigerlich nachkommet und gäntzlich gelobet bey Vermeidung Unserer Ungnade und schweren Straaffe …“
Das Verhältnis zwischen den welfischen Brüdern Ernst und Franz wurde immer schwieriger und gespannter. Die fürstlichen Räte und Herzog Ernst waren trotz der reichsfürstlichen Stellung des Herzogs Franz nicht gewillt, ihn an der Regierung im Fürstentum Lüneburg aktiv mitwirken zu lassen. Im Oktober von 1539 einigten sich beide Brüder auf eine Lösung, wodurch Franz aus der Gesamtregierung des Fürstentums Lüneburg freiwillig ausschied.
Das Amt Gifhorn mit Schloss und das Amt Isenhagen wurden aus dem Fürstentum herausgelöst und auf Herzog Franz übertragen. Diese privatrechtliche Lösung war aber keine Landesteilung. Herzog Franz ließ sich dabei weder huldigen, noch berief er die Landstände ein. Außerdem erhielt er damit keine eigene Stimme im Reichstag. Herzog Franz machte das Schloss Gifhorn von 1539 bis 1549 zur Residenz des Herzogtums Gifhorn.
Fürstlicher Sendebote des neuen Glaubens
Franz erhielt von 1522 – 1536 seine Ausbildung am kursächsischen Hof. Seit 1524 studierte der junge Prinz an der Universität Wittenberg, an der auch Martin Luther seinen Lehrauftrag erfüllte. Seit 1525 stand das Fürstentum Lüneburg, ganz im Gegensatz zu den anderen welfischen Fürstentümern Wolfenbüttel und Calenberg, im antihabsburgischen Lager.
Hessen, Sachsen und das Fürstentum Lüneburg unterzeichneten 1526 ein Verteidigungsbündnis. Gemeinsam zogen die lutherisch ausgerichteten Fürsten zum Reichstag nach Speyer, um gegen altkirchkliche Mehrheitsbeschlüsse Einspruch einzulegen.
Der Reichstag von Speyer im Jahre 1526 war für die lutherischen Fürsten aber enttäuschend. Die zuvor noch zugebilligte Gewissensfreiheit in konfessionellen Fragen wurde unter großem Einfluss Kaiser Karls V. wieder verweigert. Die katholischen Fürsten vereinigten sich gegen die protestantische Politik. So kam es, dass sich die lutherischen Fürsten 1531 zum Schmalkaldischen Bund gegen Kaiser und den katholischen Glauben zusammenschlossen.
Franz war geprägt von Martin Luther, der als Theologe scharfe Kritik an der römisch-katholischen Kirche übte. Mit seinen Reformen und dem Anschlag der 95 Thesen am 31. Oktober 1517 an der Schlosskirche zu Wittenberg spaltete Luther nicht nur die Kirche, sondern auch die damaligen Reichsfürsten. Die einen schlossen sich (kaisertreu) Karl V. an, und die anderen sahen in den Worten und Werken Luthers die Zukunft. Zu Ihnen gehörte auch Herzog Franz.
Herzog Franz avancierte zum fürstlichen Sendeboten des neuen Glaubens. Dabei suchte er erfolgreich die Unterstützung seines Jugendfreundes Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen. Gleichzeitig gelang es ihm, seinen Schwager, König Christian von Dänemark, mit auf die Seite des Schmalkaldischen Bundes zu bewegen. Aufgrund seines diplomatischen Geschicks und seines erfolgreichen Einsatzes gegen die Türken wurde Franz 1536 vom Bruder des Kaisers, dem Deutschen König Ferdinand, in den Reichsfürstenstand erhoben.
Franz blieb dem lutherischen Glauben treu und unterstützte seinen Bruder Herzog Ernst im Kampf gegen den katholischen Glauben und Kaiser im Schmalkaldischen Krieg. Dabei wurde Herzog Franz 1547 vom Kaiser Karl V. die Reichsacht auferlegt. Diese wurde aber durch das geschickte Verhalten von Herzog Franz bereits einen Monat später wieder aufgelöst.
Der Bau des Schlosses und der Schlosskapelle
Die Stadt Gifhorn am Schnittpunkt zweier alter Handelsstraßen, der Korn- und der Salzstraße, war schon früh von wirtschaftlich-strategischer Bedeutung – auch mit Blick auf die Aller, die einst noch eine Wasserstraße mit etlichen Zollstationen war und nicht nur von Torfkähnen befahren wurde.
Bevor er sein Amt als regierender Herzog antrat, holte Franz erst einmal den angesehenen Baumeister Michael Clare von Celle nach Gifhorn. Denn das Schloss, das er in Gifhorn vorfand, entsprach seinen Vorstellungen von einer fürstlichen Residenz bei Weitem nicht. Weil es ihm viel zu klein war, erweiterte er den Grundriss der Festungsanlage mit Clares professioneller Hilfe ganz erheblich.

Foto: Südheide Gifhorn GmbH
Das Gebäude, das bisher als Hauptgebäude gedacht war, ließ er dabei zum Torhaus umfunktionieren. Mit seiner ungewöhnlichen halbkreisförmigen Dachform hebt sich dieses Torhaus nicht nur von den übrigen Schlossgebäuden in Gifhorn ab, in ganz Mittel- und Nordeuropa findet sich heute kein vergleichbares Bauwerk dieser Zeit. Herzog Franz selbst bezog damals Quartier im Ostflügel, dem neuen Hauptbau des Schlosses.
1547 ließ Franz eine Schlosskapelle bauen. Sie zählt zu den ersten Sakralbauten Norddeutschlands, die eigens für den evangelischen Gottesdienst errichtet worden sind. Die Schlosskapelle wurde unlängst renoviert und ist im Rahmen eines Besuches des Historischen Museums im Schloss zu besichtigen.

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Franz und seine Turnierleidenschaft
„12 Rennzeuge, 9 Paar Rennstiefel, 9 Rennspere, 8 ganze Stechzeuge, 2 Überleghelme mit Rücken, 20 leinen Stechschurze, 33 Rennsattel, 15 Rennzäume, 16 Stechstangen, 1 Harnisch …“
und vieles mehr. Das ist nur ein Teil aus der Inventarliste der Harnischkammer von Franz. Turniere waren seine Leidenschaft und galten als militärische Übungen für einen Ernstfall.
Aber auch Geburten und Hochzeiten waren Anlass für ein Turnier. Gruppen traten gegeneinander an; es gab Schwertkämpfe und Zweikämpfe von Reitern zu Pferde. Turniere waren gefährlich; selbst Franz hat sich bei einem „das kny verrenckt“.
Herzog Franz´ Tod
Herzog Franz starb 1549 nach einer Fußverletzung. Auch eine Amputation des rechten Fußes aufgrund einer Infektion konnte sein Leben nicht erhalten. Er starb an seinem 41. Geburtstag am 23. November. Sein Leichnam ist in der Schlosskapelle beigesetzt.
Franz hinterließ zwei minderjährige Töchter. Seine Zweckehe im Jahr 1547 mit der 26-jährigen Klara von Sachsen-Lauenburg (1521 – 1576) war kurz. Da nur ein Sohn die Nachfolge hätte antreten können, fiel das Herzogtum Gifhorn wieder zurück an das Stammhaus in Celle.
Das Gifhorner Schloss war ab 1549 weiterhin ein strategischer Punkt im Süden des Herzogtums Celle. Weder Truppen der Schweden noch der Dänen konnten es einnehmen. Auch im Dreißigjährigen Krieg und im Siebenjährigen Krieg blieb die Festungsanlage unbesiegt.
Ausstellung im ➔ Historischen Museum Schloss Gifhorn
Ein zentrales Thema der Ausstellung ist die Geschichte des Gifhorner Welfenschlosses. Fragmente nobler Gläser, teurer Keramiken und prachtvoller Ofenkacheln vermitteln einen Eindruck vom höfischen Glanz dieser Zeit.
Das in fünf Abteilungen gegliederte Museum gibt dem Besucher einen Einblick in die historische Entwicklung der Südheide Gifhorn von der Urzeit bis zur Gegenwart. Die prähistorischen Sammlungen zeigen den Übergang der Lebensweise des Menschen vom nomadisierenden Jäger und Sammler zum sesshaften Ackerbauern. Entstehung und Entwicklung städtischer Siedlungen am Beispiel Gifhorns werden in der stadtgeschichtlichen Abteilung dargestellt. Drei Lebens-, Wohn- und Arbeitsweisen, die vor allem für das 19. und 20. Jahrhundert charakteristisch sind, vermitteln einen Eindruck von den gesellschaftlichen Veränderungen, die durch den Industrialisierungsprozess in Gang gesetzt wurden.
Im Dachgeschoss des Kommandantenhauses ist die Museumsabteilung „Tier und Landschaft“ untergebracht. Zahlreiche Fossilien geben Aufschluss über die Entwicklung der Erde und ihrer Lebewesen im Allgemeinen und der Landschaft dieser Region im Besonderen. In anschaulich gestalteten Vitrinen mit zahlreichen Präparaten wird die Tierwelt dieses Landstriches vorgestellt.
Weitere Informationen über die Südheide Gifhorn sind telefonisch abrufbar bei der Südheide Gifhorn GmbH unter +49 5371 937880 und im Internet unter ➔ www.suedheide-gifhorn.de.
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